Thesen zur Neuordnung der Wissenschaft

Nachstehend bringe ich einen sehr bemerkenswerten Beitrag von Dr. Hans Kaegelmann:

Quelle: Kaegelmann, H. (1992): „Thesen zur Neuordnung der Wissenschaft“, Zeitschrift „MENSCH und TECHNIK – naturgemäß“, 1992, Heft 1, S. 6 – 11
Zitat:
1. Die Menschheit ist durch ihre derzeitig vorprogrammierte Verhaltensweise bekanntlich auf dem Wege zur Selbstvernich­tung und zur Vernichtung höheren Lebens auf der Erde.
2. Diese Möglichkeiten sind durch die Entwicklung der Wissenschaft verursacht.
3. Weder Dummheit noch Bosheit konnten solche Möglichkeiten schaffen, aber Wissenschaft kann beiden zum Endsieg verhel­fen.
4. Da Wissenschaft solche Resultate zeitigte, muß in ihrer derzeit entwickelten Form eine Fehlkonstruktion enthalten sein, die korrigiert werden muß.

5. Die Fehlkonstruktion besteht in:

5.1. dem Grundkonzept Francis Bacons, 1561 – 1626, dem die neuzeitliche Wissenschaft in völligem Gegensatz zu früherer Geisteshaltung folgt: Scientia potestas est, Wissen ist Macht, das durch dissecare naturam, Zerstückelung der Natur, erreicht werde. Der Zweck der Wissenschaft ist nach Bacon Macht, die der Mensch mittels Wissenschaft über seine Lebensgrundlage, die Natur, gewinnt. So skrupellos wie Bacon den Sinn von Wissenschaft und Er­kenntnis einengte und ethischer Beurteilung entzog, lebte er: Seinen Wohltäter, den Grafen Essex, klagte er im Prozeß gegen diesen an und verteidigte dessen Hinrichtung. Bacon wurde englischer Lordkanzler, dann jedoch wegen vieler Bestechungsfälle angeklagt und verurteilt. Aus diesem Grundkonzept neuzeitlicher Wissenschaft folgte eine Reihe bisher unkorrigierter Wissenschafts dogmen, wie:

5.2. Freiheit der Wissenschaft, die als Freiheit von ethischer Beurteilung und Begrenzung, nicht aber von Auftraggebern aus Wirtschaft, Politik und Kirche verstanden wird.

5.3. Unausweichlichkeit von Wissenschaft in ihrer derzeitig entarteten Form infolge eines angeblich unabstoppbaren Neu­giertriebes statt Orientierungs- und Wissens bedürfnisses. Diesem unkritischen Neugiertrieb müsse gefolgt werden, auch wenn unsere irdische Welt dadurch vernichtet werden sollte.

5.4. Die Wissenschaft müsse sich auf exakte Detailanalysen und mit deren Ergebnissen mögliche Techniken zur vergewaltigenden Beherrschung der Natur beschränken.

5.5. Mit der Forderung nach exakter Analyse als der generel­len Methode der Wissenschaft folgt diese weiter dem von René Descartes, 1598 – 1650, aufgestellten Ideal der mathemati­schen Methode als der für alle Wissenschaft verbindlichen, obwohl diese Forderung Descartes‘ bereits von Philosophen und Wissenschaftlern des 17. und 18. Jahrhunderts widerlegt worden war, so durch Pierre Bayle, 1647 – 1706, Tschirnhaus, 1651 – 1708, Crusius, 1715 – 1775, Kant 1724 – 1804, u.a.

5.6. Die derzeitige Wissenschaft folgt vorstehend genannten Prinzipien ohne wissenschaftlIche Begründung dieser Prinzipien und ohne eigene wissenschaftliche Begründung von Wissenschaft überhaupt. Immerhin haben einige Teile der Wissen­schaft sich diesen Prinzipien bereits entzogen und damit auch bereits eine grundsätzlich anders konstruierte Wissenschaft, wenn auch erst in Teilbereichen, realisiert. Über Wesen und Aufgabe der Wissenschaft fehlt in deren derzeit herrschender Form das Wissen.

5.7. Trotz vielfacher kritischer Ansätze wird immer noch nach absolut richtigem, gesichertem Wissen gesucht, obwohl es durch die Konstruktion der Erkenntnis solches Wissen nicht geben kann, sondern nur unter vom Wissenwollenden gesetzter Voraussetzung richtiges, gesichertes Wissen, wie vom Autor in „Die Struktur der Erkenntnis“ nachgewiesen.

5.8. Überwiegend wird immer noch unkritisch angenommen, daß die Wissenschaft sich gemäß Verifikation nach Carnap, 1891, und Falsifikation nach Popper, geb. 1902, also nur mittels ehrlicher Bemühung um den Fortschritt zu besserer wis­senschaftlicher Erkenntnis entwickle, obwohl Thomas Kuhn in „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“, deutsch 1967, nachgewiesen hat, daß in der Entwicklung von Wissenschaft Geltungs- und Machtstreben der Wissenschaftler sowie Verhar­ren in einmal eingenommenen Denkschemen in hohem Maß, entsprechend auch sonstigem menschlichen Verhalten, wirksam sind.

5.9. In derzeit beherrschender Wissenschaft und von den Wis­senschaftsgläubigen wird immer noch geglaubt, daß sie gemäß Bacon ausschließlich nützlich sei, während tatsächlich ihr Schaden den Nutzen längst überrundete, wie von Friedrich Wagner in „Die Wissenschaft und die gefährdete Welt“, 1964, und vom Autor in „Neuordnung der Wissenschaft“, 1984, mit aller wünschenswerten wissenschaftlichen Exaktheit nachgewiesen wurde.

5.10. Die neuzeitliche Wissenschaft weicht im Gegensatz zu früherer, weniger entwickelter, weit von Weisheit ab, obwohl jene nur nützlich sein kann, wenn sie sich dieser so weit ir­gend möglich annähert.

6. Die in derzeit „herrschender“ Wissenschaft eingebaute Fehlkonstruktion macht deren Beseitigung für alle existenznotwendig. Damit wird dies die grundsätzlich und effektiv um­strukturierende Neuordnung der Wissenschaft nach richtigen und der Wohlfahrt von Menschen, irdischem Leben und Globalökosystem nützenden Prinzipien.

7. Der herrschenden Fehlordnung der Wissenschaft ist nicht etwa dadurch zu entgehen, daß Wissenschaft aufgegeben und auf Glauben oder Intuition zurückgezogen wird, vielmehr ist die neuordnende Korrektur der Wissenschaft nicht nur erforder­lich, sondern allerdringlichst. Glauben und Intuition sind weiter berechtigt, aber nicht ausreichend, um das außer Kontrolle geratene Vehikel der Wissenschaft zu entschärfen, ein­zuregulieren und zu einem wie ursprünglich beabsichtigt nütz­lichen Instrument umzufunktionieren.

8. Die in der herrschenden Wissenschaft eingebauten Fehler bedingen die für die korrigierende Neuordnung der Wissen­schaft gegebenen Erfordernisse, wie:

8.1. Die Basis vollgültiger Wissenschaft ist, gemäß 5.7., die Erkenntnis, daß absolute Erkenntnis unmöglich ist, demgemäß Wissenschaft durch gesetzte Voraussetzung begründet und gesi­chert werden muß.

8.2. Die zur Erkenntnis der Realität erforderliche Vorausset­zung ist die Begründung der Wissenschaft auf die Produkte aus korrigierter Wahrnehmung, auch Erfahrung genannt, und logi­schem Schluß, gemäß Albertus Magnus, 1200 – 1280.

8.3. Wissenschaft ist eine Folge der Orientierung dienender Erkenntnisbemühungen für generell wissenwollende Menschen. Wissenschaft ist demgemäß ein Orientierungsmittel und kein zweckfreies, unzweckmäßiges und unbeeinflußbares Neugierprodukt. Sie dient als Orientierungsmittel dem Zweck der Lebensbewältigung. Lebensbewältigung ist nicht in kurzfristi­gem Profit erschöpft, sondern ist dauerhaft nur in Übereinstimmung mit der Gesamtevolution und der sie stabilisierenden Ordnung möglich.

8.4. Der Mensch kann seine Lebensbewältigung nicht durch ver­gewaltigenden Raubbau an seiner natürlichen Lebensgrundlage erreichen, sondern nur in eigener Einordnung in die evolutionäre irdisch-globale und kosmische Ordnung.

8.5. Kampf gegen die uns umgreifende Ordnung, wie sie mit derzeit herrschender Wissenschaft gemäß Bacon betrieben wird, ist unethisch und unökologisch. Demgemäß muß die richtige, neugeordnete Wissenschaft ethisch und ökologisch ausgerichtet sein und verbindlich werden.

8.6. Diese neugeordnete, eine höhere Stufe geistiger Entwick­lung erklimmende, entwickeltere Wissenschaft wird demgemäß nicht frei von Ethik und ökologischer Ordnung, aber frei von Auftraggebern jeder Art, Dogmatik und einengenden Denkschemen sein. Ihr Auftrag ist das Wohl von Menschen, Lebewesen und des gesamten irdischen Globalökosystems. Die Aufgabe der Wissenschaft ist nicht Macht, sondern die Befähigung zu wohltätigem Dienst. Richtig geordnete Wissenschaft ist ethisch aus­gerichtet, ökologiegerecht, ordnungsgemäß, kritisch und frei von wissenschaftsausnützenden Partialinteressen.

8.7. Die möglichst exakte Analyse von Details ist nur ein Wissenschaftspol, dem die Erkennung der Beziehungsgefüge und Prinzipien, mit der erst Detailerkenntnis passend eingeordnet und verwertet werden kann, gegenübersteht.

8.8. Demgemäß ist auch die mathematische Methode nur für einen Wissenschaftspol verwendbar, in dem die Bereiche bear­beitet werden, die mathematisch aufbereitbar sind.

8.9. Auch für die angewandten Wissenschaften und die nach ih­nen mögliche Praxis ist die exakte Detailanalyse nur eine Komponente ihrer Ausarbeitung und Anwendung. Noch vorrangiger sind Erkenntnis und Praktizierung des ethisch, axiologisch, ökologisch und ordnungsgemäß Passenden und Richtigen. Die herrschende Primitivität des „richtigen“ Raubbaus muß durch die gesamtrichtige Wohltätigkeit wissenschaftlicher Arbeit und Wirkung überwunden werden.

8.10. Ob künftig die richtige, gesamtpassende Ordnung von Wissenschaft erreicht wird, entscheidet über das Schicksal nicht nur der Menschheit.

(Zitatende)

Dr. Hans Kaegelmann, Arzt für Innere Medizin und Schriftsteller,
Postfach 1168, D – 51556 Windeck/Sieg, Tel: 02292/7906, FAX: 02292/67069
geb. 1917 in Rahnsdorf / Berlin.
Herausgeber und Autor der Buchreihe: Heilung des Waldes;
Weitere Schriften: Die Weltkatastrophe, Diagnose und Heilung unserer Zeit;
Zur Erhellung un­seres einzigartigen weltgeschichtlichen Augenblicks;
Neuordnung der Wissenschaften; etc.

Kommentare

Einen eigenen Kommentar schreiben

Hinterlassen Sie eine Antwort

Erlaubter XHTML-Code: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>